“Wir müssen beim digitalen Rechtsstaat vorankommen.”

 

Im Kontext unseres Legal Tech Hackathons haben wir mit dem Bundesminister der Justiz Dr. Marco Buschmann, MdB in einem Kurzinterview über die Potentiale von Legal Tech für unseren Rechtsstaat sowie über unsere Zusammenarbeit mit dem Bundesjustizministerium im Rahmen dieses Formates gesprochen. Im Vordergrund stehen die Herausforderungen eines digitalen Rechtsstaats, sowie die geplanten Vorhaben in dieser Legislaturperiode.
 - Vincent Graf & Johannes Honemann 


Dr. Marco Buschmann ist seit 2021 Bundesminister der Justiz und Mitglied des Bundestages. Von 2014 bis 2017 war er Bundesgeschäftsführer der FDP sowie von 2017 bis 2021 Erster Parlamentarischer Geschäftsführer. Zudem ist er Kreisvorsitzender der FDP in Gelsenkirchen. Dr. Marco Buschmann hat zum Thema “EuGH und Eigentumsgarantie - Eine Analyse zu Ursprung und Inhalt des Eigentumsrechts der Europäischen Union” promoviert und war als Rechtsanwalt bei einer internationalen Großkanzlei tätig.


Was ist Ihre erste Assoziation mit Legal Tech?

Im Moment sind es sicherlich die zahlreichen Online-Dienstleister, mit denen man zum Beispiel Entschädigungsansprüche bei Flugverspätungen durchsetzen kann. Legal-Tech-Inkasso-Gesellschaften ist es damit gelungen, durch digitale Innovationen neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Diese sind aus Sicht von Bürgerinnen und Bürgern attraktiv – obwohl sie im Erfolgsfall einen Teil ihrer Forderung an den Dienstleister abgeben müssen. Mir ist wichtig, dass wir da nicht stehenbleiben, sondern auch in der Justiz und in der Rechtsberatung die Türen aufmachen für innovative digitale Lösungen.


Welches Potenzial hat Legal Tech für die Bürgerinnen und Bürger?

Legal Tech kann den Zugang zum Recht leichter machen, vorhandene Barrieren abbauen. Durch den Einsatz von digitalen Instrumenten können wir Verfahren schneller, effizienter und kostengünstiger machen. Diese Möglichkeiten zu nutzen ist übrigens auch eine Frage von Akzeptanz und Vertrauen. Ein Rechtsstaat, der technisch hinterherhinkt, verliert bei den Bürgerinnen und Bürgern an Akzeptanz. Deshalb hat die Digitalisierung von Recht und Justiz für mich so eine hohe Priorität.


Was sind Ihre Ziele in dieser Legislaturperiode im Bereich Legal Tech?

Ganz klar: Wir müssen beim digitalen Rechtsstaat vorankommen. Das beginnt mit der Möglichkeit, mündliche Verhandlungen im Videoformat durchzuführen. Wir arbeiten im Bundesjustizministerium gerade an einem Gesetzentwurf, um solche Verhandlungen zu fördern und auszubauen. Außerdem wollen wir die Voraussetzungen für ein bürgerfreundliches Online-Verfahren in Zivilsachen schaffen, mit dem kleinere Forderungen schnell und kosteneffizient geltend gemacht werden können. Und im Strafprozess wird die digitale Dokumentation der Hauptverhandlung kommen.


Warum unterstützt das Bundesministerium der Justiz den Legal Tech Hackathon?

Digitalisierung und Legal Tech werden in jedem Bereich juristischen Arbeitens weiter an Bedeutung gewinnen. Auch in der juristischen Ausbildung muss Legal Tech deshalb mehr Raum einnehmen. Der Hackathon ist vor diesem Hintergrund eine Chance für Studierende, juristische Problemlösung und digitale Instrumente miteinander zu verknüpfen. Ich bin mir sicher, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer viel mitnehmen und interessante Ideen entwickeln, wie Legal Tech den Zugang zum Recht verbessern kann.

Der Legal Tech Hackathon ist ein von eLegal e.V. organisierter und ausgerichteter kollaborativer Entwicklungswettbewerb zum Themengebiet "Zugang zum Recht". Das Format steht unter der Schirmherrschaft des Bundesministeriums der Justiz und findet im Zeitraum Mai/Juni 2022 statt.

Dr. Buschmann anlässlich des Legal Tech Hackathons:
"Die Digitalisierung von Recht und Justiz hat hohe Priorität. Denn: Ein Rechtsstaat, der technisch hinterherhinkt, verliert an Akzeptanz. Mit der Übernahme der Schirmherrschaft für den Legal Tech Hackathon möchten wir Studierende ermutigen, die Digitalisierung durch die Entwicklung innovativer Lösungen für einen niedrigschwelligen Zugang zum Recht mitzugestalten. Wir freuen uns auf Ihre Ideen!"em>


Wann kommt der Robo-Richter?

Selbst das beste Computerprogramm kann in absehbarer Zeit Richterinnen und Richter nicht ersetzen. Denn es geht auch um Wertungsfragen, die sich statistischen und algorithmischen Fragen entziehen. Legal Tech wird die Arbeit von Juristinnen und Juristen erleichtern und unterstützen – aber es wird sie nicht ersetzen.


Lieber Herr Dr. Buschmann, vielen Dank für das Interview.


Johannes Honemann und Vincent Graf

Dieses Interview wurde von Johannes Honemann und Vincent Graf geführt. Johannes und Vincent sind Vorstands- und Gründungsmitglieder bei eLegal und studieren in der Examensvorbereitung in Göttingen.


Das Bundesministerium der Justiz ist innerhalb der Bundesregierung für Fragen des gerichtlichen Verfahrens, der Gerichtsverfassung und des Rechts der juristischen Berufe zuständig. Damit ist es auch bei Fragen der Digitalisierung von Justiz und Rechtsstaat in einer Schlüsselposition. Als „Gesetzgebungsressort“ bereitet es Rechtssetzungsvorhaben des Bundes im Bürgerlichen Recht, im Handels- und Wirtschaftsrecht sowie im Strafrecht vor und prüft Gesetzes- und Verordnungsentwürfe anderer Ressorts in rechtssystematischer und rechtsförmlicher Hinsicht.