"Ich habe mir das alles mit mehr Glamour vorgestellt"

 

Befindet man sich im Jurastudium, dann kennt man üblicherweise die Laufbahnen Richter, Staatsanwalt, Anwalt, Großkanzlei und vielleicht Verwaltungsbeamter. Tatsächlich ist das Feld heute sehr viel diverser. Durch den Einzug der Digitalisierung sehen sich Kanzleien und Rechtsabteilungen mit neuen Herausforderungen und neuen Konkurrenten konfrontiert. Auf Seiten des Dienstleistungsmarkts hat man diese Entwicklung, die andere wohl verschlafen haben, längst für sich erkannt: Neben Startups mit innovativen und digitalen Rechtsberatungsmodellen gründen sich Unternehmensberatungen, die eben denen, die die bisherige Entwicklung verpasst haben, auf die Sprünge helfen. Im Interview mit Alisha Andert sprechen wir über innovative Beratungsmodelle unter Anwendung von Legal Design Methoden und die Perspektiven derer, die nicht rechtzeitig mitziehen.  - Vincent Graf


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Alisha Andert hat nach einem Jurastudium an der Universität Potsdam einen Master in europäischem Privatrecht an der Universität von Amsterdam gemacht und später am Hasso-Plattner-Institut den Studiengang Design Thinking abgeschlossen. Als Head of Legal Innovation hat sie zunächst bei Flightright gearbeitet. Seit Oktober 2019 bekleidet sie die Position bei Chevalier. Bereits im August 2018 hat sie mit “This is Legal Design” eine innovative Beratungsagentur mitgegründet.


Du hast zwei erfolgreiche Staatsexamina, warum bist du nicht Richterin geworden?

Lustigerweise war es lange mein Berufswunsch, Richterin zu werden. Ich konnte mir das immer sehr gut vorstellen, da es familienfreundlich und spannend ist. Im Referendariat habe ich dann gemerkt, dass Richter durch ihre richterliche Unabhängigkeit tatsächlich sehr viel alleine arbeiten und dass diese Art der Unabhängigkeit gar nicht das ist, was ich mir für mein berufliches Leben wünsche. Ich arbeite gerne in Teams an einer gemeinsamen Mission und das in einem dynamischen Arbeitsumfeld. Das hat die Justiz nicht immer unbedingt zu bieten. Dazu hinkt sie auch ziemlich hinterher was Innovation, Veränderung und Digitalisierung angeht.


Dein Referendariat hast bei Flightright gemacht, kurze Zeit später warst du Head of Legal Innovation bei Flightright. Wie bist du als Studentin auf das Thema Legal Tech aufmerksam geworden und dann bei Flighright gelandet?

Als ich noch studiert habe war Legal Tech kein großes Thema. Ich bin erst im Referendariat darauf aufmerksam geworden. In meiner ersten Station am Gericht habe ich schon gemerkt, dass mir irgendetwas fehlt. Mir war es nicht dynamisch genug - Ich habe mir das alles mit mehr Glamour vorgestellt. Ursprünglich wollte ich meine Wahlstation im Ausland machen oder sie hier nutzen, um einen Arbeitgeber finden. Bei meiner Recherche bin ich bei Talentrocket auf Flightright gestoßen. Zu dem Zeitpunkt war ich immer sehr neidisch auf meine Freunde, die nicht Jura studiert haben: Auf ihre Arbeit in Unternehmen, auf spannende Workshops mit Teams, Design-Methoden und die vielen Post-Its. Flightright kam da genau richtig - ein junges, internationales und dynamisches Unternehmen mit der gemeinsamen Mission, Verbrauchern Zugang zu Recht zu verschaffen. Von Legal Tech hatte ich zu dem Zeitpunkt noch nicht einmal gehört. Ich habe alles auf eine Karte gesetzt und mir mit meiner Bewerbung wirklich Mühe gegeben. Für mich gab es für die Wahlstation keine andere Option. Im Bewerbungsgespräch bin ich dann wohl übergesprudelt vor Tatendrang - das muss ihnen zugesagt haben. Die Wahlstation hat mir super gefallen, ich habe mich überall eingebracht. Zu diesem Zeitpunkt war ich auch schon auf Legal Design gestoßen und habe eigenständig Workshops initiiert. Philipp Kadelbach hat dann gesagt: Die will ich hier behalten. Also bin ich nach meinem zweiten Examen als Head of Legal Innovation zurückgekehrt. Es war Glück, hat dann aber auch einfach gepasst.


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Flightright hilft Fluggästen, ihre nach europäischem Recht gegen die Fluggesellschaften zustehenden Ansprüche bei Flugverspätung, Flugannulierung oder Flugüberbuchung durchzusetzen. Betroffene können auf der Website kostenlos und unverbindlich ihre Flugdaten eingeben. Besteht Aussicht auf Erfolg, können Fluggäste das Unternehmen beauftragen. Die Arbeit und das finanzielle Risiko trägt das Verbraucherportal.


Flightright verdient im Erfolgsfall der Klage an einer Provision. Das gleiche Geschäftsmodell verfolgen heute viele andere Anbieter, etwa für Bahnverspätungen, oder im so genannten Diesel Abgaskandal. Wie prognostizierst du die Entwicklung dieses Marktes? Gibt es irgendwann für jede Rechtsfrage einen spezialisierten Anbieter?

Im Grunde genommen gibt es für alles schon spezialisierte Anbieter. Es ist nicht so, dass erst durch Legal Tech Portale Spezialisten entstanden sind - die gab es vorher auch schon.

Durch digitale Portale sind diese spezialisierten Leistungen aber erst skalierbar geworden, sie können in einem viel viel größeren Rahmen angeboten werden.

 Das besondere an diesen Modellen ist, wie du sagst, das erfolgsbasierte Geschäftsmodell: Es ist für Verbraucher und Kunden grundsätzlich total attraktiv. Ich gehe davon aus, dass sich das zukünftig in sehr vielen Bereichen durchsetzen wird. Das bedeutet aber im Umkehrschluss nicht, dass es zwangsläufig nur noch Legal Tech Portale geben wird, die jeden kleinen Bereich hochspezialisiert behandeln. Gerade Anwälte können sich neuen Geschäftsmodellen zuwenden, wenn das anwaltliche Berufsrecht gelockert wird.


Erfolgsfinanzierter Rechtsschutz

Bei erfolgsfinanziertem Rechtsschutz verfolgen entsprechende Anbieter die Begehren der Kläger ohne finanzielle Gegenleistung. Im Erfolgsfall des gerichtlichen Verfahrens verdient der Anbieter an einer Provision des erklagten Betrags. Verbraucher können ohne finanzielle Belastung und Prozessrisiko ihre rechtlichen Interessen durchsetzen, während Anbieter durch Online-Plattformen und technische Optimierung effektiv bei der Vorauswahl filtern und eine hohe Erfolgsquote im Verfahren erreichen. Große praktische Bedeutung haben Anbieter, die Diesel-Geschädigte und von Flugverspätungen Betroffene vertreten.


Werden sich diese Spezialisten am Markt behaupten können oder kommt irgendwann Google mit einem allumfassenden Rechtsportal?

Ich denke, dass sich Spezialisten auf dem Markt behaupten werden. Als Kunde gehe ich immer davon aus, dass mein Problem besonders ist. Mit diesem konkreten Problem möchte ich natürlich zu der Person, die darüber am meisten weiß und nicht unbedingt zu einer Person, die auch noch tausend andere Sachen anbietet. Ich mache gerne den Vergleich zu einem Kaufhaus: Wenn ich etwas suche, das eine spezielle Leistung ist, dann gehe ich zu jemandem, der diese konkret anbietet. Suche ich aber gleichzeitig verschiedene Leistungen, dann gehe ich lieber in ein Kaufhaus. Im Rechtsbereich habe ich meistens aber nicht 5 Rechtsprobleme gleichzeitig - die treten eher stückweise auf. Wenn jetzt der Spezialist zugleich auch noch meine anderen Kundenwünsche, etwa meine Bequemlichkeit, berücksichtigt - ich also nicht zum Spezialisten vor Ort laufen muss, sondern ich mich online beraten lassen kann, warum sollte ich dann zu jemand anderem gehen?


Im Kontext dieser neuen Geschäftsmodelle: Welche Perspektive haben kleine Kanzleien zukünftig? Wird es sie noch in gleicher Zahl geben?

In der Zahl wie heute mit Sicherheit nicht. Das ist aber der ganz normale Weg der Digitalisierung. Die Digitalisierung hat dazu geführt, dass Kunden gesteigerte Erwartungen an Dienstleistungen haben. Am Ende klingt dieses „Der kleine Anwalt wird verdrängt“ immer sehr negativ. Was tatsächlich passiert, ist eine Verschiebung von Dienstleistungen und Tätigkeiten, die gebraucht werden. Wenn mein Bedürfnis darin besteht, mit einem Anwalt, den ich schon seit Jahren kenne, meine rechtlichen Bedürfnisse zu besprechen, dann ist der „kleine Anwalt nebenan“ die richtige Adresse. Die Mehrzahl der Kunden/Mandanten sieht das aber nicht mehr oder zumindest zukünftig nicht mehr so. Deswegen verändern sich die Dienstleistungen in diesem Bereich. In anderen Branchen ist das genauso passiert - bestimmte Dienstleistungen haben sich weiterentwickelt, manche sind weggefallen und manche komplett neu entstanden. So wird es auch bei uns auf dem Rechtsmarkt sein. Man kann kaum sagen, die einen verdrängen die anderen, wenn sich tatsächlich das bessere Kundenerlebnis durchsetzt.


2018 hast du als Co-Founder zusammen mit u.a. Lina Krawietz, und Joaquin Santuber "This is Legal Design" gegründet. Was ist Legal Design und was ist Design Thinking?

Das wird oftmals komplett in einen Topf geschmissen. Beides hängt zwar eng miteinander zusammen, Legal Design ist aber mehr als „nur“ Design Thinking. Design bedeutet im Grunde so etwas wie Gestaltung und kann durch verschiedene Methoden und Ansätze verwirklicht werden. Design Thinking ist dabei eine spezielle Herangehensweise: Man nutzt einen bestimmten Prozess und wendet in diesem bestimmte Methoden an. Konkrekt wird mit einer nutzerzentrierten Herangehensweise versucht, für einen individuellen Nutzer eigene Lösungen zu entwicklen.
Legal Design ist etwas ganzheitlicher. Gegenstand der Disziplin ist, wie die Rechtsbranche besser gestaltet werden kann. Design Thinking ist eine klasse Methode, die dabei zur Anwendung kommt. Es gibt aber auch noch andere Methoden, die eben nicht Design Thinking sind. Etwa, weil sie nicht nur einen Nutzer, sondern eine ganze Stakeholder-Map berücksichtigen, oder, weil sie Prozesse von verschiedenen Abteilungen analysieren und an verschiedenen Stellen Pain-Points (Schwachstellen) finden - das ist auch nicht Design Thinking. Legal Design umfasst mehr Drumherum im Rahmen der Gestaltung.


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This is Legal Design versteht sich als kreative Beratungsagentur im Bereich Legal Design. Beratungsleistungen werden unter Anwendung von Legal Design und Design Thinking Methoden vorgenommen. Ziel ist es, Paint Points zu identifizieren, Abläufe zu verbessern und das Innovationspotenzial der Kunden zu maximieren.


In welchem Zusammenhang stehen Legal Design, Legal Tech und Legal Innovation?

Legal Innovation ist für mich so etwas wie die Vision, die oben steht. Innovation bedeutet Neuerung, die Mehrwert schaffen kann. Legal Tech kann so eine Neuerung sein. Legal Tech ist nie der Weg, sondern eine Lösung, die man anwenden kann. Stellt man sich einen solchen Prozess vor, ist Legal Design der Weg, der oftmals zu einer Legal Tech Lösung führt. Das Zusammen führt zu einer Neuerung, die Mehrwert bietet, also Legal Innovation.


Wie bist du auf Legal Design aufmerksam geworden? Was hat dich für das Thema begeistert?

Das kam durch zwei Dinge. Erstens: Ein krasses Bedürfnis danach, etwas anders zu machen. Zu dem Zeitpunkt konnte ich noch gar nicht sagen, was es ist, wie es aussehen könnte - ich wusste nur: Es muss irgendwie anders gehen. Ich hatte einen ganz ganz großen Drang, Innovation anzuschieben. Das hat mir das Referendariat mitgegeben.
Zweitens hatte ich Glück, dass Lina Krawietz - meine Co-Founderin, Kommilitonin und Freundin seit der Schulzeit - direkt nach der Uni angefangen hat, sich mit Design Thinking zu beschäftigen. Sie hat damals am Hasso Plattner Institut das Design Thinking Zertifikat gemacht. Wir haben uns viel darüber ausgetauscht - dadurch entstand die Idee, dass Jura und Design Thinking eigentlich gut zusammenpassen und dass an dieser Schnittstelle Chancen bestehen. Wir haben This is Legal Design dann auch als Think Tank gegründet, weil wir gemerkt haben, dass in der Rechtsbranche irgendwas fehlt. Wir waren fast so etwas wie eine Selbsthilfegruppe, die ihr Wissen untereinander ausgetauscht hat. Gemeinsam haben wir uns damit beschäftigt, wie das woanders gemacht wird. In Amerika gibt es bereits seit einigen Jahren an der Stanford das Legal Design Lab, gegründet von Margaret Hagan - sie hat damals durch Design Thinking und Jura dazu gefunden, Legal Design als Disziplin an der Uni zu etablieren. Daher kam die Idee.


Was macht ihr bei "This is Legal Design"? Wie sieht eure alltägliche Arbeit aus?

This is Legal Design ist eine Innovationsberatung. Das bedeutet, dass wir Kanzleien und Rechtsabteilungen oder auch anderen Playern im Rechtsbereich - zB. Unternehmen und Legal Tech Start-ups dabei helfen, ihr eigenes Innovationspotenzial zu entfalten. Ganz konkret bieten wir Workshops an, in denen wir Mitarbeiter für Innovationsthemen begeistern und zu agilerem Arbeiten bringen - gemeinsam erarbeiten wir etwas zu einer bestimmten Fragestellung. Wir entwickeln außerdem co-kreativ Lösungen, wenn es konkrete Themen oder Projekte mit einer bestimmten Fragestellung, einem identifizierten Pain Point oder einem Thema gibt, zu dem sich die Kanzlei umgestalten oder neue Wege ausprobieren möchte. Letzteres kann unterschiedlich aussehen - werden etwa manche Prozesse als besonders ineffizient wahrgenommen, analysieren wir: Was macht ihr ganz konkret, was ist eigentlich das Ziel und was müsste passieren, damit es für den Nutzer ein besseres Nutzererlebnis gibt. Oft stehen Kanzleien oder Rechtsabteilungen grundsätzlich vor dem Problem „Wir müssen digitaler werden“ - „Wir müssen mehr in die Digitalisierung einsteigen“. Oft werden sich Legal Tech-Tools eingekauft, um den Schritt in die Digitalisierung gegangen zu sein. So einfach funktioniert Innovation aber nicht. Man kann nicht etwas einkaufen und dann ist die Innovation abgeschlossen. Wesentlich sinnvoller ist es, darauf zu gucken, was man macht und was man braucht; ob man ein Produkt kaufen muss, oder ob man es selber machen kann. Es ist ein Fehlschuss, zu denken, dass man alles digitalisieren muss. Oft sind Prozesse selbst schon nutzerunfreundlich und ineffizient gestaltet und es würde garnichts bringen, sie eins zu eins zu digitalisieren. Man muss das Innovationsvorhaben ganzheitlicher betrachten und deshalb immer einen Schritt vorher anfangen.

Oft sind Prozesse selbst schon nutzerunfreundlich und ineffizient gestaltet und es würde garnichts bringen, sie eins zu eins zu digitalisieren.

Welche Hintergründe habt ihr? Braucht man für Legal Design ein Staatsexamen? Eine Juristische Ausbildung?

Ich glaube ein Staatsexamen braucht man nicht unbedingt, um ein guter Legal Designer zu sein. Arbeitet man mit Juristen zusammen, ist es aber besser, wenn man eine juristische Ausbildung hat. Juristen gehen grundsätzlich erstmal davon aus, dass keiner, der nicht Jurist ist, versteht, was sie da gerade machen. Das ist zwar Quatsch, aber um bestimmte Verhaltensweisen und Restriktionen innerhalb der Juristerei besser verstehen zu können, hilft es, juristisches Vorwissen zu haben. Es gibt beispielsweise berufsrechtliche Einschränkungen, die bestimmte Geschäftsmodelle verhindern würden. Bringt man einen BWLer in eine solche Situation, hätte er viele tolle Ideen - lässt sich dann aber die Hälfte davon wegen Verstößen gegen das anwaltliche Berufsrecht nicht umsetzen, hätte man Zeit verschwendet. In dem Fall hilft es zumindest zu wissen, wie Juristen arbeiten und warum manche Sachen so gemacht werden, wie sie gemacht werden. Juristen verwenden eine eigene Sprache. Wenn man nun für ein besseres Vertrags- und Informationsdesign einen Designer das ganze ansehnlicher aufbereiten lasse, geht womöglich verloren, dass viele Teile im Vertrag stehen müssen, da er ansonsten wertlos oder juristisch nicht abgesichert ist. Eine juristische Vorbildung ist also ratsam.


Seit dem letzten Jahr bist du Head of Legal Innovation bei Chevalier, einer Arbeitnehmerkanzlei, die unter der Führung von Markus Hartung als digitaler Vorreiter unter den Kanzleien gilt. Was machst du in deiner Funktion als Head of Legal Innovation?

Ich habe zwei wesentliche Funktionen. Die erste betrifft Partnerschaften. Einer der wichtigsten Punkte für innovatives Arbeiten ist das Kollaborieren mit anderen. Etwa um Fälle zu generieren oder Tools zu entwickeln, für die wir nicht die technische Expertise haben. Ich mache also Key Account Managing.Der andere Teil ist die Produktentwicklung. Das betrifft, da ich in einer Kanzlei arbeite, juristische Produkte. Wir betrachten unsere juristischen Leistungen als Produkte, so wie man in anderen Unternehmen Leistungen als Produkte behandeln würde - etwa Kündigungsschutz, Aufhebungsverträge oder Arbeitszeugnisprüfungen. Dazu gehört, dass das entsprechende Produkt bei den Kunden in der Form gewollt und gebraucht ist, dass wir ein möglichst gutes Kundenerlebnis bieten können und dass es juristisch sauber ist. Deshalb macht es auch Sinn, dass sich jemand mit juristischem Background damit befasst. Auf der einen Seite betreiben wir User Research - schauen also, wer unsere Kunden sind, was sie brauchen und was sie beschäftigt. Auf der anderen Seite gucken wir, wie wir Kunden auf unserer Seite am besten helfen können und was uns als Kanzlei und als Unternehmen voranbringt.


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Chevalier ist eine bundesweit auftretende Arbeitnehmerkanzlei. Mit einem innovativen Konzept in den Bereichen Legal Tech und Digitalisierung hat sich die Kanzlei einen Namen als digitaler Vorreiter gemacht. An verschiedenen Schnittstellen werden in einzelnen Arbeitsabläufen und in der Rechtsberatung Technologien eingesetzt, die effizientere und bessere rechtliche Mandatsbetreuung versprechen.


Was zeichnet Chevalier im Bereich Legal Tech aus? Womit grenzt ihr euch von anderen Kanzleien ab?

Chevalier grenzt ab, dass wir Legal Tech nicht einsetzen, um eine Legal Tech Kanzlei zu sein, sondern, dass wir alle Ressourcen - inklusive Technologien - so nutzen, dass sie Mehrwert liefern können. Wir schauen immer erstmal, was wir erreichen wollen, wie der Prozess aussehen muss, damit er effizient ist und was das beste Kundenerlebnis bietet. Dazu gehört an Stellen auch, dass wir sagen: Hier müssen wir besonders schnell sein, weil es eine kurze Frist für das juristische Problem gibt. Deshalb nutzen wir dort dann etwa ein Dokumentenautomatisierungstool, um den Prozess zu beschleunigen. An anderer Stelle lassen wir es uns nicht nehmen, den Human Touch Point, also die Interaktion zwischen Personen zu haben. Im Arbeitsrecht ist die auch besonders wichtig, weil es so emotional ist. Ich glaube das unterscheidet uns - dass wir Legal Tech einsetzen, wo es Sinn macht und dem Kunden Mehrwert bringt.


Welche Rolle spielen Legal Design Methoden bei deiner Arbeit?

Eine große. Produktentwicklung funktioniert einfach nicht, wenn man nicht weiß, wie man Nutzerbedürfnisse erkennt und dementsprechend gestaltet. Du würdest es hier bei Chevalier sehen: Ich bin bekannt dafür, dass ich überall meine Post-Its kleben haben. Wir haben ganze Wände voll geklebt, weil ich so gerne damit arbeite. Das dient dazu, Gedanken zu sortieren und dann strukturiert aufzubereiten. Am wichtigsten für Produktentwicklung ist es nunmal Nutzerbedürfnisse zu erkennen und dementsprechend zu gestalten. Meine Arbeit wäre ohne Legal Design wesentlich schwieriger und wesentlich ineffizienter.


Legal Tech ist ein männerdominiertes Feld - woran liegt das?

Technische Bereiche sind klassischerweise männerdominiert. Außerdem ist Legal Tech ein etwas jüngerer Unternehmensbereich und diese sind wie die Gründerszene momentan noch sehr männerdominiert. Das hat teilweise sicherlich etwas mit höherer Risikobereitschaft zu tun. Ich glaube dennoch, dass sich da grade etwas ändert - man ist an dem Punkt, zu fragen, wie wir Legal Tech gezielt einsetzen und wie wir neue Geschäftsmodelle kreieren können. Man fragt zudem immer mehr nach Kundenbedürfnissen. Das sind Bereiche, in denen Frauen genauso gut repräsentiert sind. Wir befinden uns also ohnehin in einem Wandel in diesem Bereich.


Wie kann man Frauen das Feld zugänglicher machen und ihnen den Einstieg erleichtern?

Wir brauchen viele Vorbilder und allgemein mehr Sichtbarkeit von Frauen. Frauen neigen manchmal dazu, sich selber nicht in den Vordergrund zu stellen, weil sie ihre Leistungen vor sich selber häufig relativieren und die Öffentlichkeit nicht suchen. Es gibt wahnsinnig viele Frauen, die schon in diesem Bereich tätig sind - das sind aber mit wenigen Ausnahmen nicht diejenigen, die rausgehen, Reden halten und sich aktiv einbringen. Das wird sich ändern, wenn es mehr Vorbilder gibt, an denen man sich orientieren kann. Mir hätte es auch geholfen, wenn ich gesehen hätte, dass es da schon die und die Frau gibt. Aus dem Grund versuche ich auch mehr Sichtbarkeit zu erzeugen - von Frauen werde ich darauf auch oft angesprochen. Wenn ich schon keine Vorbilder hatte, dann wünsche ich mir zumindest, dass die folgende Generation von Studentinnen welche hat. Ich glaube, dass wir momentan auf einem guten Weg sind - es gibt in der Legal Tech Szene schon einige Frauen, die ich benennen könnte.

Mit deinem Engagement bist du mit Sicherheit vielen ein solches Vorbild. 

Alisha - danke für deine Antworten.


Vincent Graf

Dieses Interview wurde von Vincent Graf geführt. Vincent studiert an der Georg-August-Universität Göttingen Jura und arbeitet als Legal Tech Consultant bei der Wirtschaftskanzlei KSB INTAX.

 
Vincent GrafAlisha Andert