Interview

CDU

Im Namen der CDU antwortet uns Sebastian Steineke, MdB, Verbraucherschutzbeauftragter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und Berichterstatter aus dem Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz.


Teil I: Legal Tech-Gesetz

1) Ihre Fraktion hat am 10.06.2021 im Deutschen Bundestag dem sogenannten "Legal Tech-Gesetz" zugestimmt. Was war für Sie der entscheidende Grund, dem Gesetz trotz aller verbleibenden Streitigkeiten zuzustimmen?

Wir haben dem Gesetz zugestimmt, da wir im Gesamtpaket auch Verbesserungen erzielt haben, die zwingend notwendig waren, um auf dem sich stetig wandelnden Rechtsdienstleistungsmarkt mehr Rechtssicherheit für alle Beteiligten zu schaffen. Nicht zuletzt durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (LexFox-Urteil) gab es durchaus gesetzgeberischen Handlungsbedarf.


2) Erfolgshonorare für Anwälte werden im gerichtlichen Bereich erstmals bei der Geltendmachung von Geldforderungen bis zu € 2000,- erlaubt. Warum einerseits die Lockerung, andererseits aber die Begrenzung? Warum gerade eine Begrenzung auf € 2000?

Es gab innerhalb der Koalitionsfraktionen unterschiedliche Auffassungen über den Umgang mit Erfolgshonoraren für Anwälte. Wir waren uns daher einig, dass eine Öffnung nur mit bestimmten Einschränkungen möglich ist. Dies betrifft auch die konkrete Grenze von 2000 Euro. In einem Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen hat der Bundestag beschlossen, die Angemessenheit der Regelungen nach 3 Jahren zu überprüfen.


3) Die Prozessfinanzierung (also die Übernahme von Verfahrenskosten durch den Anwalt im Falle einer Niederlage) bleibt verboten, für Inkassodienstleister aber weiter erlaubt. Hier ist die Anwaltschaft also weiterhin gegenüber auf Inkassolizenz operierenden Anbietern benachteiligt. Was rechtfertigt es, diese Benachteiligung der Anwaltschaft aufrecht zu erhalten?

Dies war ebenfalls ein Diskussionspunkt, bei dem in dem sehr komplexen Verfahren keine abschließende Klärung erzielt werden konnte. Auch das unterliegt der Evaluierung nach 3 Jahren. 


4) Auf Inkassolizenz operierende Legal Tech-Unternehmen haben oft beklagt, sie müssten in einem rechtlichen Graubereich operieren. Im RDG wird nun durch den neu gefassten § 2 dahingehend Klarheit geschaffen, dass Inkassodienstleister auch auf die Einziehung einer Forderung gerichtete "rechtliche Prüfung und Beratung" vornehmen dürfen. Die Fraktion der AfD wollte folgende weitere Klarstellung in das RDG aufnehmen: "Dienstleistungsangebote, die von vornherein auch oder ausschließlich auf die gerichtliche Geltendmachung einer zur Einziehung auf fremde Rechnung abgetretenen Forderung gerichtet sind, sind keine Rechtsdienstleistung." Sie haben gegen einen entsprechenden Änderungsantrag gestimmt. Was sprach gegen diese Klarstellung?

Der Antrag der AfD enthielt mehrere Punkte. Wir haben den Antrag abgelehnt, weil er für uns im Gesamten nicht zustimmungsfähig war.


5) In Schadensersatzverfahren gegen Volkswagen hielt die Rechtsprechung die Abtretung von Forderungen an Rechtsdienstleister in einigen Fällen wegen Verstößen der Rechtsdienstleister gegen das RDG für nichtig. Auf Grund der unwirksamen Abtretung waren die Ansprüche mittlerweile verjährt und konnten von den Verbraucherinnen und Verbrauchern nicht mehr geltend gemacht werden. Die FDP-Fraktion hatte eine Änderung des RDG dahingehend vorgeschlagen, dass Verstöße des Rechtsdienstleisters gegen das RDG nicht zur Unwirksamkeit von Abtretungen an den Rechtsdienstleister führt. Einen entsprechenden Änderungsantrag haben Sie abgelehnt. Warum?

Wir konnten bei diesem Punkt keine Einigung innerhalb der Koalition erzielen. Das Thema sollte bei der nächsten Novelle nochmal auf die Tagesordnung.


Teil II: Automatisierter Vertragsgenerator als Rechtsdienstleistung?

6) Der Bundesgerichtshof beschäftigt sich aktuell mit der Frage, ob im Angebot eines Rechtsdokumente-Generators ein wettbewerbswidriger Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz liegt (Streitgegenstand: smartlaw.de / Verfahren: Az. I ZR 113/20; Verkündungstermin am 26.08.2021). Mit einem solchen können individuelle Rechtsdokumente wie Mietverträge durch die Beantwortung einer Reihe von Fragen erstellt werden. Umstritten ist, ob es für das Vorliegen einer solchen einer menschlichen Leistung bedarf.

Halten Sie das Rechtsdienstleistungsgesetz in diesem Fall für hinreichend bestimmt, mit der Folge, dass die Auslegung – wie gegenwärtig – den Gerichten obliegt? Macht es sich der Gesetzgeber nicht zu einfach, wenn er diese Frage den Gerichten überlässt?

Diese Problematik war nicht Gegenstand des jüngsten Gesetzgebungsverfahrens und sollte in der kommenden Legislaturperiode mit in die Beratungen einbezogen werden. Hierbei sind wie immer detaillierte Einschätzungen von Sachverständigen aus Praxis und Wissenschaft von Interesse.


Teil III: Juristische Ausbildung

7) Halten Sie es für nötig, die juristische Ausbildung zu reformieren und an die gewandelten Anforderungen anzupassen, die angesichts zunehmender Möglichkeiten, juristische Aufgaben durch technische Lösungen auszuführen oder zu unterstützen, an Berufsanfänger gestellt werden? Wenn ja, was ist Ihrer Ansicht die größte Baustelle?

Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass man diese neuen Herausforderungen in die juristische Ausbildung einbindet. Wie und in welcher Form wird zu diskutieren sein.


8) Wie werden Sie sich für die Gewährleistung einer zeitgemäßen (→ Digitales) / ausreichend vorbereitenden juristischen Ausbildung einsetzen?

Ich werde das Thema innerhalb meiner Fraktion gerne begleiten und mich in den Beratungen entsprechend einbringen.